Meditation in der westlichen Welt

von Bastiaan Baan

Lauschen, ohne schon zu wissen, was es zu ‹hören› gibt

Wer Meditation praktiziert, lernt mehr von sich selbst kennen und zunehmend differenzierter die Welt ohne den eigenen Wahrnehmungsfilter zu betrachten. Darüber hinaus kann Meditation dazu befähigen, Anregungen zum Angehen von Aufgaben in der Welt zu bekommen.

‹Ohne Titel› von Christiane Haid

Es ist ein wenig wie bei einem Anlauf: Durch einen Schritt zurück holt man die Kraft, nach vorn zu sprinten. Auch bei der Meditation nimmt man sich zurück, um Fähigkeiten zu erwerben. Dabei führt Meditation nicht mal eben nach einer schnellen Einweisung zu einem bestimmten Ergebnis. Vielmehr ist es wie beim Erlernen eines Musikinstruments: Schritt für Schritt werden Fähigkeiten auf verschiedenen Ebenen erarbeitet, die einem nach und nach ermöglichen, eine Melodie und später vielleicht in einem Orchester zu spielen.

Bastiaan Baan erschließt anhand zahlreicher Praxisbeispiele Aspekte des Meditierens als einer Kunst, bei der man selbst bestimmt, «was man tut und wie man es tut». Durch Wahrnehmungsübungen befähigt man sich, sensibel für Qualitäten zu werden, die außer einem selbst liegen, und durch Beobachten der eigenen Resonanz darauf sich selbst kennenzulernen. Ein möglicher Ausgangspunkt sind Naturerscheinungen wie Wolken, in denen sich komplexe Wirksamkeiten zeigen. Dabei gilt es zu lauschen, ohne schon zu wissen, was es zu ‹hören› gibt, und sich selbstlos möglichen Eindrücken hinzugeben. Denn Meditation ‹liefert› keine absehbaren Ergebnisse im Sinne eines ‹Wenn ich A tue, folgt B›. Andere Ansätze für die Meditation sind Bilder oder Worte, mit denen man sich empfindend und erlebend verbindet.

Wer sich beim Meditieren unbefangen beobachtet, wird einschätzen lernen, inwieweit Erlebnisse möglicherweise noch von ‹Selbstsucht› beeinflusst sind. Auch die in sich aufgenommenen Inhalte prägen das innere Erleben. Daher ist hier Vorsicht geboten. Bastiaan Baan warnt vor unsachgemäßer Beeinflussung durch Lehrerinnen und Lehrer, die das Prinzip der Selbstbestimmung missachten, und führt dazu Erlebnisschilderungen anderer an.

Eine weitere Station beim Meditieren ist die bewusst ergriffene Rückkehr in die Welt der täglichen Pflichten.

Insofern Meditation einen mit sich selbst vertraut macht, erweist sie sich als eine Arbeit am und mit dem Ich. Für Bastiaan Baan, der Priester der Christengemeinschaft ist, sind die Evangelien voller Anregungen, das Verständnis des Ich zu erweitern.

Ansprechpartner Thomas Didden

Buch Bastiaan Baan: Meditation in der westlichen Welt, Verlag am Goetheanum, 2022, 208 Seiten, 19 Euro / 23 Franken

Abbildung: Verlag am Goetheanum