Die Kinderrechte

Eine Orientierung für die frühpädagogische Arbeit im Waldorfkindergarten Man könnte glauben, sie seien selbstverständlich – die Kinderrechte. Aber dass es diese Rechte überhaupt in einer schriftlich festgelegten Form gibt, dafür haben die Vereinten Nationen (United Nations/UN) gesorgt. Im Jahr 1989 beschlossen die UN-Vertreter:innen nach zehnjähriger gemeinsamer Arbeit die Kinderrechtskonvention. Dies ist ein Dokument, welches die kindlichen Bedürfnisse und Interessen akzentuiert. Die UN-Vertreter:innen (2021) merken hierzu an, dass dieses Kinderrechte-Regelwerk für alle Kinder weltweit gilt – ganz gleich, wo sie leben, welche Hautfarbe oder Religion sie haben und ob sie Mädchen oder Junge sind (S. 1). Denn allen Kindern ist eines gemeinsam: Sie brauchen besonderen Schutz und Fürsorge, um sich gesund zu entwickeln und voll zu entfalten. Ihnen genau diesen Schutz zu geben, darum geht es in der Kinderrechtskonvention.

Johannes Kubiak
Foto: Duygu Mutlu (U3-Gruppenleiterin)

Jeder Mensch hat das Recht, seine eigene Meinung zu sagen, auch das Kind. Die Gedanken des Kindes sind frei und es darf diese auch äußern. Das Recht der „Freien Meinungsäußerung und Beteiligung“ ist lediglich nur eines der Kinderrechte, welches für die frühpädagogische Arbeit im Waldorfkindergarten im Mittelpunkt stehen sollte. In diesem Kontext ist es bedeutsam zu erwähnen, dass jeder Mensch in seinem intimsten Wesen nach eine geistige Individualität ist – das gilt auch für das Kind, da es genau wie die Erwachsenen den Anspruch auf Individualität in sich trägt und dies bedeutet, dass jeder den Grund seines Daseins in sich selbst hat (vgl. Saßmannshausen 2015, S. 37). Infolgedessen sollte es im Waldorfkindergarten im Hinblick auf die „Rechte des Kindes“ und in Bezug auf das „Wohl des Kindes“ in der Erziehung von Kindern als selbstverständlich verstanden werden, einen gemeinsamen Weg dahingehend zu finden, dass das Kind selbst seinen Daseinsgrund frei, individuell und unbeschwert für sich entdecken kann. Wird im Zusammenhang mit den „Rechten des Kindes“ vom „Wohl des Kindes“ oder vom „Kindeswohl“ gesprochen, ist damit in Anlehnung an Maywald (2021) ein am Wohl des Kindes ausgerichtetes Handeln gemeint, welches die an den Grundrechten und Grundbedürfnissen von Kindern orientierte, für das Kind jeweils günstigste Handlungsalternative wählt (S. 13).

In der frühpädagogischen Arbeit im Waldorfkindergarten sollte es fernerhin als Selbstverständlichkeit erachtet werden, dass die Prinzipien „Toleranz“, „Offenheit“ und „Vielfalt“ als Grundsätze der Arbeit gepflegt werden. Herm (2014) merkt hierzu außerdem an, dass es sich zur Aufgabe gemacht werden sollte, den Zusammenhang von Gleichheit und Verschiedenheit auf allen Bildungsebenen auszubalancieren und jedem Mensch das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe und individuelle Entwicklung, unabhängig von Heterogenitätsmerkmalen wie ethnisch-kultureller Zugehörigkeit, Gender, sexueller Orientierung und Religion zu ermöglichen (S. 734). Ziel jedes pädagogischen Handelns muss es sein, jedem Kind geeignete Rahmenbedingung für seine individuelle Situation und seine Bedürfnisse zu bieten, damit es sich zurechtfinden und wohlfühlen kann. Dazu gehört überdies ein im pädagogischen Alltag etabliertes, situationsorientiertes und stets für das Kind zugängliches „Beschwerdemanagement“. Dieses sollte es Kindern ermöglichen, sich bei den Erzieher:innen für ihre frühkindlichen Interessen starkmachen zu können. Auf diese Weise können für die Kindesentwicklung, insbesondere betreffend der „demokratischen- und partizipativen Bildung“, günstige Voraussetzungen geschaffen werden.

Für die Waldorfkindergartenpädagogik kann abschließend festgehalten werden, dass jedes Kind in seiner Individualität wahr- und angenommen werden sollte, mit ihm partizipativ in Bezug auf die Bildungsprozesse der Einrichtung umgegangen werden sollte und darüber hinaus ermöglicht werden sollte, dass Barrieren für die Teilhabe kritisch reflektiert und, wenn notwendig, zum Wohl des Kindes verändert werden.

Nils Johannes Kubiak

Nils Johannes Kubiak ist freier Autor und arbeitet im Waldorfkinderhaus-Herne e.V. als Kindheitspädagoge im Bereich Leitung und Management sowie als Vorschulpädagoge.

Literaturverzeichnis

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2019). Starkmachen für Kinderrechte. Die Kinderrechte-Bustour (1. Auflage). Berlin: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Herm, S. (2014). Integration von Menschen mit Behinderungen. In Veronika Baur, Karin Beher & Saskia Bender & et al. (Hrsg.), Kinder erziehen, bilden und betreuen. Lehrbuch für Ausbildung und Studium (3. Auflage, 2. Druck, S. 728-739). Berlin: Cornelsen Schulverlage GmbH.

LWL & LVR (2020). AN ALLE DENKEN. Empfehlung zur Erstellung einer inklusionspädagogischen Konzeption. Köln: LWL & LVR.

Maywald, J. (2021). Kindeswohl in der Kita. Leitfaden für die pädagogische Praxis (2. Auflage). Freiburg im Breisgau: Verlag Herder GmbH.

Quellenverzeichnis

UNICEF (2021). UN-Kinderrechtskonvention. Abgerufen am 21.09.2021 von https://www.unicef.de/informieren/ueber-uns/fuer-kinderrechte/un-kinderrechtskonvention .

UNIFEF (2021). Die UN-Kinderrechtskonvention. Regelwerk zum Schutz der Kinder weltweit. Abgerufen am 24.11.2021 von https://www.unicef.de/informieren/ueber-uns/fuer-kinderrechte/un-kinderrechtskonvention .