Qualifizierung zur Fachkraft in Kindertageseinrichtungen

Seminar für Waldorfpädagogik Köln im Freien Bildungswerk Rheinland

Bericht einer Teilnehmerin

Mitten in der Corona-Pandemie, vom 18.10.2021 bis 23.04.2022, fand im Seminar für Waldorfpädagogik Köln erstmals ein Qualifizierungskurs zur Fachkraft in Kindertageseinrichtungen statt. Dieses Angebot sollte Menschen ansprechen, die durch die Personalverordnung aufgrund von § 54 Absatz 2 Nummer 8 des KiBiZ NRW bzw. durch ihren Arbeitgeber in Absprache mit dem Landesjugendamt dazu aufgefordert wurden, diese Qualifizierungsmaßnahme durchzuführen, um danach als Fachkraft in der jeweiligen Einrichtung angestellt werden zu können. Die Fortbildung wurde umrahmt von 2 Blockwochen; die 1. im Oktober 2021 und die 2. imApril 2022. Dazwischen lag von Oktober 2021 bis April 2022 jeden Monat ein Wochenende mit Unterrichtseinheiten am Freitag nachmittag/ abend und am Samstag ganztägig. Insgesamt mussten 160 Zeitstunden mit Lerneinheiten und 2 Hausarbeiten absolviert werden. Die Lehrinhalte orientierten sich an der gesetzlichen Grundlage des SGB VIII, §§45 ff, dem KiBiZ und den Bildungsgrundsätzen von NRW. Besonders an dieser Qualifizierung war ihre waldorfpädagogische Ausrichtung.

Für mich persönlich war die Fortbildung ein voller Erfolg!

Rückblickend sehe ich, mit welcher Vielzahl von Themen wir uns in dieser Zeit beschäftigt haben und welche Kunst es war, aus der Mannigfaltigkeit der kindergartenrelevanten Themen diesen bunten Blumenstrauß an wichtigen Themengebieten und Fragestellungen zusammenzustellen, die uns in unserem pädagogischen Alltag im Kindergarten begegnen und mit denen wir vertraut sein sollten.

Die erste Blockwoche begannen wir mit Biografiearbeit und der Entwicklungspsychologie des Kindes, beschäftigten uns mit der Bewegungs- und Sprachentwicklung des Kindes, mit der Pflege des kleinen Kindes, mit der Bedeutung der Bindung und der inneren Haltung als Voraussetzung für jegliche Arbeit mit Kindern; mit der Eingewöhnung, Bildung und Begleitung von U3 und Ü3 -Kindern. Die ganze erste Blockwoche durchzog täglich eine 1 1/2 stündige künstlerische Arbeit mit der Malerin Regina Thorne, mit der wir versuchten, die Stufen der Mal- und Zeichenentwicklung des Kindes selbst künstlerisch nachzuempfinden. Am Ende entstanden wunderschöne Bilder im Stil ähnlich wie aus der Zeit von Klee, Miro und Klimt. Die künstlerische Betätigung zwischen den theoretischen Einheiten wurde von den Teilnehmern als sehr wohltuend empfunden.

An den Wochenenden beschäftigten wir uns mit dem Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag laut SGB VIII und dem KiBiZ, dem sozialpädagogischen Bildungsauftrag, mit Erziehungs- und Bildungspartnerschaft, mit Lebenswelten und Diversität, Verstehen und Förderung von Inklusion, Gestalten von Übergängen, dem Tagesablauf, den Festen im Jahreslauf, dem Thema Partizipation und Teilhabe, Kinderrechte, Kinderschutz, Dokumentation. Viele Themen hörten sich ersteinmal für viele nur nach trockenen Gesetzestexten an, wurden aber durch eine lebendige Unterrichtsgestaltung, Gruppenarbeit und interaktive Elemente der Vermittlung zu spannenden Stunden mit regem und interessantem Austausch. Ein ganzer Samstag gehörte dem Thema „Autismus und Wahrnehmungsstörungen“ mit dem Dozenten Dr. Volbehr, an einem anderen Samstag führte uns Frau Irmgard Kutsch in die Geheimnisse der (Kinder)-Gartengestaltung und in damit zusammenhängende Natur- und Umweltfragen ein. Ganz praktisch bekam jeder die Aufgabe, das Außengelände der Michaeli-Schule Köln, in der die Fortbildung stattfand, anzuschauen und nach bestimmten Kriterien „umzugestalten“. Sehr spannend und aufschlußreich war auch das Themengebiet „Medienerziehung“ mit Jasmin Zimmer.

Auch an den Wochenenden gab es an jedem Tag eine Auflockerung der vielen theoretischen Themen durch künstlerische Kurse. Im Herbst bastelten wir mit der Künstlerin Frauke Kunze ein bewegliches Bild zu einem selbstgedichteten kleinen Vers; es gab eine theoretisch/künstlerische Einheit zum Thema Eurythmie und wir erstellten in der zweiten Blockwoche ein bewegliches Bilderbuch zu einem selbstgedichteten kleinen Text.

In der zweiten Blockwoche im April wurde die Biografiearbeit bei Dagmar Terwyen noch einmal aufgegriffen und weitergeführt, wir beschäftigten uns mit der Spielentwicklung des Kindes, mit den Ansätzen von Emmi Pikler, mit Teamarbeit und Teamentwicklung, Konferenzarbeit, Kinderkonferenz, Selbsterziehung und Selbstwirksamkeit.

Im Rückblick zum Abschluss der Fortbildung wurde deutlich, wie gut der Kurs bei den Teilnehmer:innen angekommen ist. Der weitaus größte Teil von uns war in Waldorfeinrichtungen tätig – im U3-Bereich oder Ü3-Bereich – einige wenige wollten durch dieses Angebot die Waldorfpädagogik kennenlernen. Es war sehr schön zu erleben, wie wir in diesem halben Jahr zu einer wirklichen Gemeinschaft wurden. So verschieden wir alle aufgrund unserer Herkunft und unserer Erfahrungen waren, so vertraut wurden wir im Laufe der Zeit durch das gemeinsame Suchen und Ringen nach Antworten bzw. neuen Fragen zu dem Verständnis des Erzieherberufs und der persönlichen Situation jedes Einzelnen von uns darin. Es gab viele bewegende Momente, in denen wir uns gegenseitig Erlebnisse und Erfahrungen anvertrauen konnten, die von der Gruppe aufgefangen und getragen wurden und sich dadurch für den Einzelnen manchmal sogar zum Positiven veränderten.

Die 2 Blockwochen konnten tatsächlich in Präsenz stattfinden- zwischendurch hatten wir auch einige Unterrichtstage online per Zoom-Meeting. Dies wirkte erst ein wenig gewöhnungsbedürftig , doch durch das starke Engagement des Seminarleiterteams und dem guten Willen der Dozent:innen wurden selbst die Online- Veranstaltungen lebendig!

Diese Lebendigkeit und der wohlwollende Umgang miteinander zeichneten von Beginn an die gesamte Fortbildung aus.

Grundlage dafür waren eine sehr gute fachliche Kompetenz aller Dozent:innen, verbunden mit einer großen Nähe zur tatsächlichen Praxis. Der Unterricht wurde immer vielseitig und interessant abgehalten; es gab oft Gruppenarbeit, Anschauungsspiele und interaktives Lernen. Die Dozent:innen versuchten, sich immer in unsere Fragen und Probleme hineinzuversetzen und uns Rat zu geben. In unserer Gruppe gab es von Anfang an einen engagierten und lebendigen Austausch, deshalb wurde es nie langweilig.

Im Rückblick auf die Fortbildung am letzen Tag konnte ich bemerken, daß wohl jeder von uns ein wenig anders aus der Fortbildung herausgegangen ist, als er hineinging!

Ganz verständlich ist, dass man als Seminarleitung in 160 Stunden niemals alle Themen in diese Fortbildung hineinpacken bzw. grundlegend bearbeiten kann, die interessant wären. Doch ist es meiner Meinung nach sehr gut gelungen, einen Abriß der wichtigsten Themen und Fragestellungen zum Thema „Fachkraft in Kindertageseinrichtungen“ zu geben. Am meisten haben mich der Enthusiasmus der Dozent:innen und ihre Liebe und Ehrfurcht vor dem Wesen des Kindes berührt, die ich in jeder Unterrichtsstunde spüren konnte und welche die Funken in mir befeuerten, auf meinem Weg in meiner Einrichtung weiter zu wachsen, mich weiterzuentwickeln, Fragen zu stellen, Mut zu haben, althergebrachte Dinge zu hinterfragen und zu ändern , immer wieder mich selbst zu reflektieren und zu erziehen, um immer besser in der Lage zu sein, den mir anvertrauten Kindern, Eltern und Kollegen adäquat begegnen zu können . Auf diesem Weg hat mir die Fortbildung sehr viel Kraft und neue Impulse gegeben. Ich habe viele neuen Ideen bekommen und Lust, mich mit einigen Themen wieder oder überhaupt intensiv zu beschäftigen.

Einen großen Dank allen, die an der Durchführung dieser schönen Fortbildung beteiligt waren, allen voran Anne Marisch, der Leiterin des Kurses! Sie war vom ersten bis zum letzen Moment immer präsent und begleitete fast jeden Unterrichtstag. Unvergessen bleiben mir die wunderbaren Gedichte und bedeutsamen Aussprüche , mit denen sie die Unterrichtseinheiten einleitete und abschloss. Auch hatte sie immer ein offenes Ohr für unsere Fragen und Sorgen. Sie und Anne Klotzsch begleiteten auch unsere beiden Hausarbeiten zum Thema „Kinderwahrnehmung“. In den jeweiligen persönlichen Nachgesprächen gab es neben einer Reflexion der Arbeit viele wertvolle Tipps zum Umgang mit Kinderbeobachtung und Kinderwahrnehmung.

Mein Fazit: Ich bin voller Tatendrang aus der Fortbildung herausgegangen und kann sie jedem nur empfehlen!

Mechthild Fuhrich

Bilder: Künstlerische Versuche, um die kindliche Mal- und Zeichenentwicklung nachzuempfinden und zu verstehen

Fotos: Mechthild Fuhrich