In der Pädagogik nach den Sternen greifen

In der Pädagogik nach den Sternen greifen

Seit etwas über einem Jahr nehme ich nun an der Fortbildung zum/zur Waldorferzieher*in am Seminar für Waldorfpädagogik in Köln teil und bin begeistert, wie viel es mir für meine Arbeit im Kindergarten bringt. Oft denke ich: „Genau das hat mir noch gefehlt!“ Wärmstens kann ich jedem Interessierten an der Waldorfpädagogik und der Anthroposophie dieses Seminar empfehlen. Im Folgenden gebe ich einen kleinen Einblick in Inhalte des dazugehörigen Seminars „Kinder, die aus dem Rahmen fallen“: Die Geschichte der Diagnose ADHS reicht bis in die 70/80er Jahre des 20. Jahrhunderts zurück und ist gekennzeichnet durch einen umfangreichen Katalog an Symptomen, wodurch heute sowohl unruhige, stürmische, als auch sehr ruhige, verträumte Kinder die Diagnose ADHS erhalten.

Seit Ende der 80er Jahre dominiert die aus den USA kommende These eines Dopaminmangels bei den Betroffenen die Sicht der allgemeinen wissenschaftlichen Welt. Diese These konnte zwar nie wissenschaftlich belegt werden, nichtsdestotrotz wird Kindern auch heute noch allzu oft Ritalin verschrieben. Die lebhaften, aufgeweckten Kinder werden still und stören nicht mehr, aber es verblasst auch das Leuchten in ihren Augen. Die Dopaminmangelhypothese wird heute von einem wachsenden Teil der Wissenschaftler bestritten. Henning Köhler ist mit seinem multifaktoriellen Ansatz einer der Koryphäen auf diesem Gebiet. Dabei wird von Fall zu Fall, von Kind zu Kind auf die diversen möglichen Ursachen für die Symptomatik eingegangen.

Dies braucht Zeit und Geduld. Lebhaft, mit vielen Beispielen aus der eigenen Praxis und mit einer ansteckenden Begeisterung für das Thema, besonders aber für diese Kinder, spricht Henning Köhler über ADHS und fasst dabei auch die Pädagogik und das Bild vom Kind ins Auge. Auch über die Haltung den Eltern gegenüber, welche die Experten für das eigene Kind sind, spricht Henning Köhler. Diese Haltung zeichnet sich u.a. durch Akzeptanz, Voreingenommenheit und Mitgefühl aus. Besonders in unserer heutigen Zeit finde ich eine solche Haltung den Eltern, den Kindern, aber auch den Kollegen gegenüber ganz besonders wichtig. Eine Kommunikation und ein Verhältnis den Eltern gegenüber, die von Wertschätzung und Achtung geprägt sind, sind meiner Meinung nach für eine fruchtbare Arbeit mit den Kindern unerlässlich.

Besonders wichtig bei dem allen finde ich, wenn Henning Köhler dazu appelliert in der Pädagogik wieder nach den Sternen zu greifen, aber zugleich auch gut auf sich selbst zu achten und sich auch um sich selbst zu kümmern. Zusammenfassend finde ich, dass dies ein Seminar ist, das ganz gewiss zum Nachdenken anregt, aber auch Mut macht in der Pädagogik nach höheren Idealen zu streben und den eigenen Blick auf das Kind zu ändern, welches doch in unserer heutigen Gesellschaft noch viel zu häufig am liebsten artig und angepasst, also als „normal“ gesehen wird. Ich finde, wir alle sollten ein Herz haben für diese Kinder, die aus dem Rahmen fallen!

Katarina Gruhn