Honig und Stachel gehen Hand in Hand

Im Interview erzählt Ana Prvački, wie sie bei den Bienen Inspiration und Ruhe für ihre künstlerische Arbeit findet. Außerdem verrät sie, was es mit ihrem neusten Projekt „Apis Gropius“ auf sich hat und wie sie mit NFT-Kunstwerken die Aurelia Stiftung unterstützen möchte.

Wie inspirieren Bienen Sie als Künstlerin?

Aurelia-Vorstand Thomas Radetzki und die Künstlerin Ana Prvacki.

Bienen leben seit etwa 80 Millionen Jahren auf diesem Planeten. Seitdem bestäuben sie Blumen, stellen Honig her, bauen ihre Stöcke, treffen kollektive Entscheidungen und haben all diese Zeit überlebt. Den Bienen nahe zu sein und über sie nachzudenken, gibt mir den richtigen Fokus für meine Arbeit und schafft eine Verbindung zu etwas Wunderbarem und zutiefst Inspirierendem. Im Umgang mit Bienen spüre ich eine tiefe Ruhe und Respekt anstelle von Angst.

Bienen spielen eine wichtige Rolle in Ihrer Arbeit. Warum ist das so?

Ich beschäftige mich als Künstlerin seit fast 15 Jahren mit Bienen. Mein Großvater war derjenige, der mich in die Welt der Bienen einführte. Er war ein begeisterter Imker und hatte eine innige Verbindung zu seinen Bienen. Als er starb, hinterließ er mir über 500 Kilogramm Honig. Ich war wie besessen von Bienen und Honig und begann, viel über die Geschichte und Mythologie, aber auch über die erschreckenden Entwicklungen des Bienensterbens (Colony Collapse Disorder, kurz: CCD) und die die aktuelle Bienenforschung zu recherchieren.

Eine meiner ersten Arbeiten zum Thema Bienen aus dem Jahr 2010 war eine Installation im Bloomberg-Hauptquartier in New York City, in der ich versuchte, die CCD-Situation im Zusammenhang mit Aktien und dem Finanzmarkt darzustellen und zu vermitteln. Ich habe die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse mit aktuellen Aktienwerten, die von der Bestäubung abhängig sind, in Verbindung gebracht. 12 Jahre später hat sich die Situation für die Bienen sogar noch verschlechtert. Die Arbeit muss also weitergehen.

Die Veranstaltung fand in der idyllischen Atmosphäre des Gartens „NiemandsLand“ statt.

Was können wir Menschen von den Bienen lernen?

Eine Menge! Es ist kein Wunder, dass sich so viele von uns mit Bienen identifizieren oder unsere Wünsche und Hoffnungen auf sie projizieren. Eine der wichtigsten Eigenschaften der Bienen ist ihre Komplexität und Sensibilität in ihrer Beziehung zur Umwelt. Davon könnten wir alle mehr gebrauchen! Bienen sind ein wunderbares Beispiel für die komplexen Beziehungsnetze zwischen der Erde, Sonne und Botanik. Es ist fast so, als ob die Bienen mit dem gesamten Universum in Verbindung stünden.

Was sind die wichtigsten Dinge, die Menschen von Ihren Ausstellungen und Performances mitnehmen sollen?

Spiel und Disziplin sind die Triebfedern meines künstlerischen Schaffens. Ich denke, dass gilt auch für die Bienen! Ich hoffe, dass meine Arbeit Freude und Süße, aber auch eine ernste und dringende Botschaft vermittelt. Honig und Stachel gehen Hand in Hand.

Sie sind derzeit der erste „Digital Artist in Residence“ im Gropius Bau. Was bedeutet das für Sie?

Ich fühle mich geehrt, für diese Künstlerresidenz ausgewählt worden zu sein. Und ich war begeistert, dass die Direktorin des Gropius Baus, Stephanie Rosenthal, die Bedeutung meiner Arbeit über Bienen erkannt und mich dazu ermutigt hat, ein neues Projekt zu entwickeln. Auch wenn es sich um ein Residenzprogramm für digitale Kunst handelt, war es mein Ziel, mit dem Projekt einen lebendigen, erlebbaren Raum zu schaffen, der das Leben der Bienen im Kontext der Kunst neu interpretiert.

Worum geht es genau bei diesem Projekt?

Das Projekt trägt den Titel „Apis Gropius“ und es geht um ein halb-fiktives Bienenvolk, das nach dem Zweiten Weltkrieg in die Wände des Museums eingezogen ist. Bienen lieben ja bekanntlich Hohlräume. Als ich anfing, über das Gebäude zu recherchieren, wurde mir klar, dass botanische Motive die Architektur und das Design des Gebäudes durchdringen, was sich natürlich wunderbar für das Überleben dieser imaginären Art eignet. Außerdem ist das Museum pestizidfrei, sodass die Kolonie gut gedeihen und sich mit dem Raum weiterentwickeln konnte.

Biene Foto: © Aurelia

Wann und wo wird das Projekt ausgestellt?

Das Projekt wird ab dem 09. Juli 2022 im Atrium des Gropius Baus kostenfrei zu sehen sein. Wir verwenden eine Augmented-Reality-Technologie, auf die man mit dem Smartphone zugreifen kann. Die Besucher können die App vor dem Besuch herunterladen. Auf der Webseite des Museums finden Sie weitere Informationen darüber, wie Sie sich auf das Erlebnis vorbereiten können.

Wie haben Sie die gemeinsame Veranstaltung mit der Aurelia Stiftung zum Weltbienentag erlebt?

Ich bin unglaublich dankbar für den Dialog mit Aurelia. Die Gespräche mit Thomas Radetzki und Madlen Ziege über die letzten Monate waren ein wahres Vergnügen! Ich habe dabei viel gelernt und Inspiration gefunden. Und ich bin beglückt, dass sich aus unserem Weltbienentag-Event eine weiterführende Zusammenarbeit entwickelt hat. Als Künstlerin ist es mir sehr wichtig, meine Arbeit mit Bienen in der Wissenschaft und praktischen Erfahrung zu verankern, zu beobachten und zu lernen, wie Imker*innen arbeiten.

Was möchten Sie noch mit den Aurelia-LeserInnen teilen?

Ich glaube, dass das, was die Aurelia Stiftung tut und wofür sie steht, genau das ist, was wir in dieser Zeit brauchen. Ich bin keine Wissenschaftlerin oder Politikerin, ich bin Künstlerin, und ich bin begeistert, dass ich gemeinsam mit Aurelia einen Beitrag zu diesen dringenden Umweltfragen leisten kann. Am diesjährigen Weltbienentag habe ich deshalb auch ein digitales Projekt gestartet und eine Serie von Hybridbienen-NFTs herausgeben. Ein Teil der Erlöse wird an Aurelia gehen.

Das Interview führte

Florian Amrhein

Erschienen in:Aurelia, Das Magazin der Aurelia-Stiftung, Sommer 2022

NFTs zum Wohl der Bienen

Unter dem Titel „HYBEE“ hat Ana Prvacki zum Weltbienentag 2022 eine Serie digitaler NFT-Kunstwerke veröffentlicht. (Siehe Abb. unten) Sie entstanden im Rahmen des Kollaborationsprojekts „APISverse“ mit der Kuratorin Ksenia Jakobson. Die auf zehn Stück limitierten HYBEE-NFTs können aktuell auf der Plattform opensea.io (Link im QR-Code unten im Text) ersteigert werden. Ein Teil der Erlöse wird als Spende an die Aurelia Stiftung fließen.

Fotos: Florian Amrhein