Ghana

Aus der Müllhalde wird ein Handwerkerdorf

Seit über 20 Jahren gibt es das Cosmos Centre, eine heilpädagogische Einrichtung in Dormaa
im Westen Ghanas. Hier werden derzeit 22 Kinder und Jugendliche mit schweren Behinderungen – nur einer von ihnen kann selbstständig gehen – betreut und unterrichtet. Sie erhalten täglich drei warme, gesunde Mahlzeiten, die von den mit im Zentrum lebenden Mmas und einer Köchin zubereitet werden. Das Team, bestehend aus der Lehrerin Ayala, dem Manager Owuso, den Mmas und der Aachener Förderlehrerin Patrice Reinhardt, wünscht sich seit einiger Zeit, dass die „Großen“ im Cosmos-Center einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen und zum Beispiel als Handwerker in eigenen Werkstätten arbeiten können. Bisher fehlte dem Center dafür der Platz, doch nun konnte – über einige Umwege – das Grundstück direkt gegenüber erworben werden.

Seit vielen Jahren wurde das Gelände gegenüber dem Cosmos-Center als Mülldeponie genutzt. Das war nicht nur ein unschöner Anblick. Es war auch zu befürchten, dass der Müll das Grundwasser verunreinigen könnte. Denn das Cosmos-Center bezieht sein Wasser und damit auch sein Trinkwasser aus einem eigenen Brunnen. Da lag der Gedanke nahe, das Grundstück zu kaufen, vom Müll zu befreien und dort das geplante Handwerkerdorf zu errichten. In Ghana werden alle wichtigen Entscheidungen von der offiziellen, demokratisch gewählten Regierung gemeinsam mit dem traditionellen Stab getroffen, dessen Struktur auf dem Organisationssystem des vorkolonialen Ashanti-Reiches beruht. Auf lokaler Ebene bedeutet dies im Falle des Cosmos-Centers, dass neben der Gemeinde auch der Omanhene des Distrikts Dormaa der Übertragung des Grundstücks zustimmen muss. Dieser lehnte jedoch nach einem ersten Gespräch mit der Begründung ab, dass er auf dem Grundstück etwas für die Allgemeinheit bauen wolle. In einem zweiten Gespräch konnte er jedoch davon überzeugt werden, dass die Werkstätten des Cosmos-Centers einen Dienst an der Allgemeinheit leisten, und so überließ er ihnen die Hälfte des Grundstücks, das er bereits weitgehend vom Müll befreit hatte.

Das Cosmos-Team konnte bei der Gemeinde auch durchsetzen, dass der Müllcontainer, um den herum die Deponie ursprünglich angelegt wurde, nun täglich geleert wird, so dass die Anwohner ihren Müll weiterhin an gewohnter Stelle entsorgen können.

„Sobald der Müll weg ist und neue Erde aufgeschüttet wurde, kann es losgehen. Schon jetzt überlegen wir, welche Berufe gut zu unseren Jugendlichen passen und wie gebaut werden kann“, berichtet Patrice Reinhardt begeistert in einer E-Mail an uns. Durch die Erweiterung kann das Cosmos-Center künftig mehr Kinder aufnehmen. Für den Bau der neuen Gebäude und das zusätzliche Personal für die Betreuung der Kinder und Jugendlichen werden dringend Spenden benötigt.

Christina Reinthal

Erschienen in: „Waldorf Weltweit“, Rundbrief der Freunde der Erziehungskunst,
Ausgabe Frühjahr/Sommer 2023