Der magnetische „Fortschritt“

Schon immer war es die Sonne, die die Menschen in ihren Bann zog, sie bewegte, nicht der Magnetismus. Obwohl genauso alt, kommt er doch nur durch sie in unser Leben.

„Springende Ziegen“ nannte Aristoteles die bizarren, oft flammenartigen Leuchterscheinungen der Sonne. Bereits im 5. Jahrhundert wollten Astronomen im alten China aus den Farben der Polarlichter das Eintreten von Fluten oder Dürren, von reichen Ernten oder Hungersnöten bestimmen.

In der nordischen Mythologie und in den Mythen der nordamerikanischen Indianer und Eskimos sowie der Sibirier spielte das Nordlicht eine große Rolle. Es wurde als Tanz der Jungfrauen, der Walküren oder als Kampf der Götter und Geister, aber auch als Äußerungen der gefallenen Krieger zu den Lebenden gedeutet.

Der Gott der kanadischen Indianer machte sich durch diese Leuchterscheinungen bemerkbar, um sich nach dem Wohlergehen seiner Stämme zu erkundigen. In anderen Mythen wurden die Polarlichter als Brand ausgelegt. Im Mittelalter galt das Nordlicht, ebenso wie das Erscheinen eines Kometen, als Zeichen für einen bevorstehenden Krieg, für Hungersnöte und Seuchen, wie beispielsweise die Pestilenz. In nordischen Ländern wurde das Erscheinen von Nordlichtern im Volksglauben als Zeichen für eine bevorstehende Wetteränderung gedeutet.

Vom Magnetfeld der Sonne, weil unsichtbar, gibt es keine Geschichten und Mythen. Wie die Erde besitzt auch die Sonne ein Magnetfeld – das sich alle elf Jahre umpolt, was mit einem Maximum an Sonnenflecken einhergeht. Das solare Magnetfeld endet nicht an der Sonnenoberfläche, sondern reicht in den Raum der Planeten hinein.

Sinnigerweise schützt sich die Erde – und damit uns – durch einen eigenen magnetischen Schutzschild, den Erdmagnetismus. Ihn hat sie aus den Zeiten der Ablösung von der Sonne von dort mitgenommen, um ihn dem interplanetaren Magnetfeld der Sonne, ihrer Mutter, heute entgegenzustellen.

These: „Unser“ technisch erzeugter Zivilisationsmagnetismus hat verletzenden Einfluss auf den natürlichen magnetischen Schutzschild unseres Lebens.

Ein Argument, erst einmal eine Behauptung, daneben scheinbar, aber auch die Existenz des Ozonlochs wurde zunächst verlacht!

20 Jahre lang wurde abgestritten, dass gasförmige Abstrahlungen unseres Zivilisationsgeschehens einen Einfluss auf die Ozonschicht der Erde haben könnten – bis dieser nachgewiesen wurde. Von der Ignoranz, dem Lächerlich-Machen bis zur schleifenden Anerkennung – eine Lernkurve:

Die damalige Entdeckung des Ozonlochs könnte plötzlich zum brennend interessanten Vorläufer, zum Muster werden. Zeigt doch das historische Beispiel, dass auch die globale Magnetismusverschmutzung – als Folge unserer sich elektrisch abstützenden Gesellschaft – übermäßig lange brauchen wird, um als weitere existenzbedrohende Herausforderung anerkannt zu werden.

Wenn der Nachweis wissenschaftlich begründbar ist, dass das elektromagnetische Strahlenfeld unserer Erde durch unseren technisch erzeugten Magnetismus permanent verletzt wird, könnte dies schnell zu einem großen Thema werden. Wäre es doch ein Hinweis darauf, in einer Zivilisationsordnung stecken geblieben zu sein, „die kein Davonlaufen zulässt“, wie dies David Graeber und David Wengrow in ihrem Buch „The Dawn of Everything“ beschrieben haben (Graeber/Wengrow 2021).

Wie verlief die Debatte um das Ozonloch?

Erste Hinweise auf eine Schwächung der Ozonschicht über der Antarktis gab es bereits 1957, doch wurden diese Warnungen weitgehend nicht beachtet. Etwa 20 Jahre später wurde gewarnt, die Anreicherung des schwer abbaubaren FCKW in der Atmosphäre würde zu einer wesentlichen Abnahme der Ozonkonzentration führen, weltweit und ganzjährig – das Ozonloch hatte bis dahin niemand vorausgesehen.

Übertragen: Es wird kein Zusammenhang zwischen der sich permanent verschmutzenden Magnetismushülle, Corona und Verkrebsung gesehen – zunächst einmal. Was sagen die Virologen zu dieser Vermutung?

Anfang der 1980er Jahre wurde registriert, dass das Ozonloch jährlich auftritt: Innerhalb weniger Wochen nach dem Sonnenaufgang in der Antarktis brach die Ozonkonzentration ein und erholte sich innerhalb weniger Monate. Ursache dieser Dynamik ist die Reaktion von Schadstoffen, die auf den Eiskristallen stratosphärischer Wolken gespeichert sind und nach der langen, kalten Polarnacht mit dem Ozon verdunsten. Dabei wird dieses abgebaut.

Die Größe des Einbruchs entwickelte sich innerhalb weniger Jahre von wenigen Prozent auf mehr als fünfzig Prozent. Betroffen ist der gesamte Polarwirbel, eine Fläche von mehreren Millionen Quadratkilometern, wie die damals beginnende Fernerkundung eindrucksvoll illustrierte. Die dramatische Entwicklung und die zweifelsfreien wissenschaftlichen Beweise der Ursachen führten schnell zu einem weltweiten Verbot von FCKW. US-Präsident Ronald Reagan und die britische Premierministerin Margaret Thatcher unterstützten 1987 die Einberufung einer internationalen Konferenz, auf der ein stufenweiser Abbau mehrerer industriell genutzter Chemikalien ausgehandelt und im Montrealer Protokoll verabschiedet wurde.

Könnte es nicht sein, dass zivilisationsbedingte Verschmutzungen – heute „unsere“ elektromagnetische Verschmutzung – zu einer Verletzung des höchst verwundbaren magnetischen Schutzschildes führen kann? Liegen wieder, wie 1957, 20 Jahre vor uns, um erst dann erneut international abgestimmte Maßnahmen zum Schutz der Magnetosphäre zu verabschieden? Haben wir so viel Zeit, obwohl gerade heute elektromagnetisch extrem aufgerüstet wird?

Seit 120 Jahren gibt es elektrischen Strom, er ist die zentrale Säule unserer Zivilisation, der Neuzeit. Wir erzeugen permanent technisch neue Magnet felder. Politisch ist der Anstieg des elektrischen Stroms gewollt und wird massiv gefördert. Moderne Speerspitzen dieser Entwicklung sind die Raumfahrt, die Digitalisierung, der Mobilfunk (5G), das Elektroauto – auch die Erzeugung von Wasserstoff, die Stahlschmelze, die Chemieindustrie. Immer sind enorme Mengen an neu zu erzeugendem Strom, wohlgemerkt neuer Stromzuwachs aus erneuerbaren Energien – erforderlich. Grundsätzlich, weil physikalisch, ist diese Basisanforderung eine Quelle weiterer neuer, strahlender elektromagnetischer Felder.

Hochfrequente magnetische Feldstrahlung ist die neue ökologische Verschmutzung.

Fazit: Eine zunehmend elektromagnetisch getragene Vision von gesellschaftlicher Zukunft braucht einen stetigen Zuwachs an elektrischem Strom, der aber, auch wenn er aus Wind und Sonne erzeugt wird, kontinuierlich elektromagnetisch aufgeladene Wechselfelder erzeugt. Deren biologische gesundheitliche Auswirkungen lassen alle Arten von Erkrankungen ansteigen – und versetzen wohl auch die Virenwelt in Unruhe.

Es ist erkennbar, „Die Grenzen des Wachstums“ müssen erweitert werden. Dieser 1972 vom Club of Rome herausgegebene Bericht gilt als Start der globalen Ökologiebewegung, er schuf ein neues Paradigma, eine neue Sicht auf die Welt. Der Club identifizierte fünf Megatrends: beschleunigte Industrialisierung, rasches Bevölkerungswachstum, verbreitete Unterernährung, Erschöpfung nicht erneuerbarer Ressourcen und zunehmende Verschmutzung der Umwelt.

Als sechster Megatrend wäre heute hinzuzufügen: zunehmende hochfrequente Magnetismusverschmutzung.

Und jetzt wird magnetisch aufgerüstet

Zunächst ein Blick in den Weltraum. Es wird dort voller. Die aktuelle Risikoanalyse des World Economic Forum spricht davon, das bald Zehntausende Satelliten im Orbit kreisen werden, womit das Risiko einer Kollision größer werde, denn „wenn ein Sonnensturm die satelliten-basierten Dienste stört, muss mit massiven wirtschaftlichen und sozialen Folgen auf der Erde gerechnet werden“ (SZ). Von einer laufend technisch erzeugten gigantischen magnetischen Weltraumverschmutzung ist keine Rede.

Diese Strahlenmaschinen können im Vakuum des Weltraums ihre elektromagnetische Seele zur Entfaltung bringen – stets droht die Gefahr der Kollision in Verbindung oder Vermengung mit dem natürlichen Magnetfeld der Erde, dem interstellaren Magnetfeld der Sonne. Die Forschung betritt hier Neuland. Weder die NASA noch die ESA haben hier ein Problembewusstsein entwickelt.

Was auch für die Bundesregierung gilt, wenn sie digital weiter aufrüstet. Nicht erkennbar ist – das Bundesamt für Strahlenschutz äußert sich nicht dazu –, ob und wie Folgewissen, etwa über die biologischen Wirkungen elektromagnetischer Wellen in hohen Frequenzbereichen, beachtet wird. Immerhin, die Frage nach den Wechselwirkungen zwischen gehirneigenen Rhythmen mit der 10 Hz Taktung von WLAN findet seriös abgesichert klare Antworten:

„Die 10-Hz-Pulsation der WLAN-EMF-Strahlung stellt Impulse und keine wellenförmigen Frequenzen dar und ist daher ein erheblicher Störfaktor der sensiblen natürlichen bioelektrischen Frequenzen des Menschen“ (Hecht 2020).

Die Hirnforscherin Prof. Gertraud Teuchert-Noodt untermauert diesen Befund, wenn sie darauf verweist, dass technische Frequenzen starr genormt sind und deshalb keine Synchronisation mit natürlichen Lebensfrequenzen eingehen können (Teuchert-Noodt 2019).

Dem magnetischen Alltag wird mit der massiv vorangetriebenen Digitalisierung eine neue Zuspitzung zugemutet – nicht zuletzt, was die biologischen Wirkungen auf den Menschen sowie auf die Tierwelt ausmacht.

Ob es einen Zusammenhang zwischen magnetischer Umweltzerstörung – durch hochfrequente Strahlenfelder – und dem Aufkommen gefährlicher Infektionskrankheiten gibt, ist eine international geführte Debatte (vgl. Thill 2020). Dort werden Fragen abgeschätzt, ob die laufende Magnetismusverschmutzung durch elektrischen Strom sowie das magnetisch geweckte Pandemie-Risiko aus der Virenwelt als lebensvernichtende Störfaktoren angesehen werden müssen, die das Ende des Stromzeitalters für wahrscheinlich halten.

Im sich weiter magnetisch aufladenden Alltag spielen solche Perspektiven keine Rolle. Der Klimaminister will mit mehr Strom die Energiewende sichern! Mehr Strom aus Erneuerbaren Energien, er setzt vor allem auf neue Windräder. „An der Energiewende führt kein Weg vorbei. 80 Prozent des Stroms sollen bis 2030 aus erneuerbaren Energien kommen, dazu sind jährlich 1000 bis 1500 neue Windrotoren notwendig“ (Grefe, Habekuß et. Alt. 2021).

„Grüne“ Politik! Nur, es ist kein Grün darin – eine Kamikazepolitik, die nicht zuletzt droht, den „Grünen“ auf die Füße zu fallen – die biologischen Folgen elektromagnetischer Um- und Aufrüstung, seit langem bekannt, werden ignoriert.

Otto Ulrich

Literaturverzeichnis

  • Graeber, David/Wengrow, David (2021): The Dawn of Everything. A New History of the Humanity. Macmillan, USA
  • Grefe, Christiane/ Habekuß, Fritz/ Pinzler, Petra/ Rauterberg, Hanno/ Rohwetter, Markus/ Sußebach, Henning/Widmann, Marc (2021): „Du lieber Himmel”. DIE ZEIT, 18.11. 2021
  • Hecht, Karl (2020): „Entspricht die Klassifizierung in ionisierende und nicht-ionisierende Strahlungen bezüglich ihrer ähnlichen biologischen Wirkungen noch der Realität?”, umwelt – medizin – gesellschaft, Ausgabe 1-2020, S. 8
  • Vgl. Schriftenreihe: umwelt – medizin – gesellschaft; Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Umwelt- und Humanökologie, e. V.
  • Seeburg, Carina (2021): „Am Ende“. Süddeutsche Zeitung, 2./3. Januar 2021
  • Teuchert-Noodt, Gertraud (2019): „Der Digitalisierungspakt wird unseren Kindern sehr schaden. Eigentlich unverantwortlich”, https://www.nachdenkseiten.de?p=49485%3Fshared%3Demail&pdf=49485
  • Thill, Alain (2020): „Biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Insekten”, umwelt – medizin – gesellschaft, Sonderbeilage in Ausgabe 3-2020

Otto Ulrich, geb. 1942, Physikingenieur mit langjähriger Berufserfahrung in der Luft- und Raumfahrtindustrie. Nach dem Abschluss eines Zweitstudiums an der FU Berlin im Fachbereich Internationale Politik bei Richard Löwenthal befasste er sich über viele Jahre im Bundeskanzleramt, aber auch bei der EU in Brüssel und in Gremien der UN mit Aufgaben des Klimawandels und Datenschutzes. Er ist Autor zahlreicher Bücher und Essays, etwa in der ZEIT, der WELT, in SCHEIDEWEGE, in UNIVERSITAS, immer aus dem Themenkreis Politik und Technologie. Heute ist er als Entwickler von „Cooling down“, einem Simulationsspiel zum Klimawandel, international unterwegs.

Erschienen in: Sozialimpulse,

Nr. 3, Oktober 2022