Bulgarien

Ein neues  Gemeinwesen weben

Eine Reise  nach  Ilindentsi,  im Struma-Tal  am  Fuße  des  Pirin-Gebirges  in Bulgarien zur Initiative Sofera. Ein Bericht von Mitte Oktober (aktualisiert im März 2023).

Erfüllt von der warmen Herbstsonne, reifen Früchten, herzlichen Menschen und kraftvoller Natur in der südlichen bulgarischen Region, nahe der griechischen und mazedonischen Grenze, schreibe ich diese Zeilen. Der Verein Sofera wurde vor vier Jahren von Eltern, Therapeutinnen und Pädagogen gegründet. Ein Ort für soziale Landwirtschaft  –  mit regelmäßigen Treffen der bulgarischen Arbeitsgruppe für Biodynamik  –  wird aufgebaut, mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Assistenzbedarf. Der Name Sofera ist inhaltlich so reich wie die Projektidee: Social Farming, Sophia/Anthroposophie und «Sofra», das bulgarische Wort für einen niedrigen Tisch ist, um den man sich gemeinschaftlich zum Essen versammelt. Einerseits ist Sofera an einem ungewöhlichen Ort auf 450 Metern in den Bergen angesiedelt, denn hier leben bereits kreative Menschen.

Hörnerfüllen, Sonja Zausch (links)
Foto: privat

Es gibt einen Skulpturenpark samt Ateliers eines bedeutenden bulgarischen Bildhauers, Übernachtungsmöglichkeiten in wunderschönen Lehmhäusern, unweit das  bedeutende Rila-Kloster, das bereits von Ita Wegman besucht wurde, sowie heiße Quellen, eine moderne Kirche einer bulgarischen Hellseherin, aktuelle Ausgrabungsstätten der Thraker durch die Archäologische Fakultät der Universität Sofia, ein besonderes Klima und somit eine reiche biologische Artenvielfalt. Andererseits ist soziale Landwirtschaft und grundsätzliche Perspektiven für Menschen mit Assistenzbedarf aufzubauen ein ziemliches Neuland in Bulgarien. Wie gelingt ein gut geführter Prozess der Organisationsentwicklung, damit sich die Bedürfnisse der Gründenden und der interessierten Menschen mit dem Projekt verbinden und es ein langfristiger Beitrag zur Landwirtschaft und dem sozialen Gemeinwesen in Bulgarien wird?

Ich habe mich bei meinem Aufenthalt, der mit einem Workshop an der inklusiven Waldorfschule in Sofia, einem Radiointerview beim Bulgarischen Rundfunk und einem kleinen Eurythmie-Workshop zur Betrachtung von sozialen Prozessen ergänzt war, bemüht, nicht Antworten und Vorschläge zu geben, sondern in der Begegnung mit den Menschen  zuallererst  die  innere Haltung zu verstehen und in einen mitfühlenden Dialog zu kommen. Ein spannender Weg … Wenn jemand Freude und Expertise hat,  diese Schritte  zu begleiten  und/oder  vor Ort mitzuarbeiten, freuen wir uns sehr.

Ergänzende aktuelle Neuigkeiten:

Seit Januar 2023 hat die Initiative ein weiteres Haus erworben und momentan wird es renoviert. Ab Anfang September werden Freiwillige, die sich für biodynamische Landwirtschaftsmethoden, sowie auch für Soziale Arbeit interessieren, empfangen.

Mit dem Frühlingsbeginn, ab dem 25. März, beginnt ein Holzwerk-Projekt in Sofera für Jugendliche mit Entwicklungsschwierigkeiten, geleitet von Peter Mateev. Die Ateliers finden zwei Mal im Monat von Freitag bis Sonntag statt.

Ab Mitte April werden wieder die Klassen aus der Waldorfschule in Sofia empfangen und ein individuelles Programm wird für diesen Klassenbesuch erstellt.
Die intensive Arbeit auf den Feldern beginnt und es sind ein neuer Obstgarten mit 250 Granatapfelbäumen und 150 Mandelbäumen in Gemeinschaftsarbeit bepflanzt und neue Hochbeete angelegt worden.

Der Ort ist ständig in beeindruckender Entwicklung und es finden sich immer mehr Menschen, die an diesem Gemeinschaftsprojekt zukunftsfähig mitwirken!

Wir wünschen weiter alles Gute!

Sonja Zausch

https://www.sofera.org

Sonja Zausch, Mitglied des Leitungsteams des Anthroposophic Council for Incluisve Social Development am Geotheanum, Dornach/CH.

www.inclusive-social.org

Erschienen in: Das Goetheanum – Wochenschrift für Anthroposophie Nr. 47, 25. November 2022