Wirkung moderner Getreideverarbeitungsverfahren auf die Lebensmittelqualität

Nach Extrusion, Poppen und der Herstellung gewalzter Flakes sind deutliche Qualitätseinbußen zu verzeichnen.

Frühstückscerealien werden zunehmend intensiv verarbeitet. Puffen (bzw. Poppen) und Extrusion gelten dabei als wichtigste Verfahren. Beim Puffen verdampft das in den Samenkörnern enthaltene Wasser durch plötzliche Druckverringerung explosionsartig und die heiße Stärke der Körner schäumt auf. Beim Extrudieren wird ein Teig unter Druck erhitzt und durch eine Austrittsdüse gepresst. Beim Druckabfall verdampft Wasser und das Produkt nimmt im Volumen stark zu. Es ist jedoch wenig bekannt, wie sich diese Getreideverarbeitungsverfahren auf die Lebensmittelqualität auswirken. Der deutsche Demeter-Verband erlaubt die Verwendung von gepufften oder extrudierten Erzeugnissen bisher nur sehr eingeschränkt.

Wir haben in Zusammenarbeit mit Demeter-Verarbeitern und dem Demeter e.V. die Auswirkungen dieser Verarbeitungsverfahren auf das Produkt im Vergleich zu gewalzten Flakes und üblichen Flocken (gequetscht und erhitzt) untersucht. Der Forschungsring verantwortet zusammen mit einem Partnerlabor die Analysen, mehrere Stiftungen unterstützen das Vorhaben. Unser Ziel war es, die Qualitätseffekte durch die Verarbeitung auf Frühstückscerealien möglichst umfassend zu bewerten.

Dinkel Extrudat

Die wissenschaftliche Literatur konzentriert sich bisher auf Inhaltsstoff-Veränderungen. Puffen und Extrusion führen beispielsweise zu Vitamin-Verlusten in der B-Gruppe, insbesondere bei B1 und Folsäure. Untersuchungen an Bio-Getreide und ein Vergleich mit den Verfahren „Flocken“ und „gewalzte Flakes“ lagen bisher nicht vor.

Wir haben vier verschiedene Getreiden und Saaten im Projekt untersucht, nämlich Dinkel, Buchweizen, Reis und Quinoa. Die Proben wurden von mehreren Demeter-Verarbeitern zur Verfügung gestellt. Dabei war es uns wichtig, die gleichen Rohstoffe für die verschiedenen Verarbeitungsverfahren zu verwenden, um eine optimale Vergleichbarkeit zu erreichen. Bis auf wenige Ausnahmen gelang uns dies.

Der Forschungsring untersuchte mit bildschaffenden Methoden (Steigbild und Kupferchlorid-kristallisation) sowie auf lebensmittelinduzierte Emotionen (Wirksensorik). Ein Partnerlabor analysierte auf die Inhaltsstoffe Acrylamid, Vitamin B1 (Thiamin), Lysin und Folsäure. Im Folgenden stelle ich Ergebnisse von Dinkel aus der Kupferchloridkristallisation und der Wirksensorik vor.

Kupferchloridkristallisation

Die Kupferchloridkristallisation hat sich bereits in mehreren Studien zur Unterscheidung und Bewertung von Verarbeitungsverfahren bewährt. Auch liegen Voruntersuchungen über extrudierte und anders verarbeitete Getreide und Saaten vor, wodurch eine Einordnung der Ergebnisse leichter fällt.

Flocken von Dinkel

Wichtige Bewertungskriterien in der Kupferchloridkristallisation sind, wie stark sich das verarbeitete Produkt gegenüber dem Rohstoff verändert und, ob es Hinweise auf Alterung und Auflösung gibt.

Das aufgeschlossene Korn vom Dinkel zeigt in der Kupferchloridkristallisation den Getreidebildtyp mit kräftigen gebündelten, gleichmäßig geschwungen Hauptnadelzügen und langen Nadeln. Es ist oft ein- oder zweizentrig. Durchstrahlung, Bildintegration und Zentrumskoordination sind hoch (s. Bild 1).

Die Flocken zeigen Veränderungen (Wärmeeffekte, Strukturverlust, schmalere Hauptnadelzüge, Alterungsmerkmale). Der Bildtyp ist noch etwa zur Hälfte erkennbar. Durchstrahlung, Bildintegration und Zentrumskoordination sind gegenüber dem Korn reduziert (s. Bild 2).

Bei allen anderen Verarbeitungsformen (Popps, Flakes und Extrudat) zeigen sich viel stärkere Veränderungen. Durchstrahlung, Bildintegration und Zentrumskoordination sind niedrig. Bei den Popps und Extrudaten ist der Getreidebildtyp kaum noch erkennbar, bei den Flakes lediglich ein wenig mehr. Besonders Popps und Extrudat zeigen starke Alterungs- und Auflösungsmerkmale. (Verlust von Struktur und Differenzierung, Bilder sind weniger zentriert und chaotischer, keine klaren Nadelzüge, Nadelzüge stark abgebaut und plattig verklebt.)

Wirksensorik

Die Untersuchung der Getreideproben auf lebensmittelinduzierte Emotionen (Wirksensorik) fokussierte auf die Hauptkulturen Dinkel und Buchweizen. Beide wurden durch das Panel geschulter Beobachter wiederholt getestet. Ergänzt wurden die Experimente durch eine einfache Messung der Quinoa-Proben. Sowohl in der freien Beschreibung des Ersteindrucks, sowie im standardisierten Fragebogen sind deutliche Unterschiede zwischen den Varianten erkennbar.

Dinkelkorn

Die Flocken wirkten auf die Tester am positivsten (Körner wurden nicht verkostet). Im Fragebogen zeigten sich in 10 von 12 Einzelmerkmalen signifikante – oft hochsignifikante – Effekte zwischen Flocken und Extrudaten. Immer wurden die Flocken von den Testern besser bewertet, z.B. leichter, entspannter und erfrischter (siehe Grafik). Auch gegenüber den Verfahren Poppen und gewalzte Flakes schnitt das Verfahren Flocken besser ab, auch wenn die Unterschiede etwas geringer waren.

Fazit

Die Ergebnisse über die Einflüsse der Verarbeitungsverfahren sind bei den vier betrachteten Kulturen (Dinkel, Reis, Buchweizen und Quinoa) weitgehend übereinstimmend. Nur in der chemischen Analyse zeigt sich eine größere Empfindlichkeit von Dinkel und Reis im Hinblick auf Acrylamid-Bildung und Thiamin-Verlust als bei Buchweizen und Quinoa.

Die sehr unterschiedlichen Methoden, chemische Analytik, bildschaffende Methoden und lebens mittelinduzierte Emotionen kommen zu weitestgehend übereinstimmenden Bewertungen der Verarbeitungsverfahren: Nach Extrusion, Poppen und der Herstellung gewalzter Flakes sind deutliche Qualitätseinbußen zu verzeichnen. Je nach Untersuchungsmethode unterscheiden sich die Verfahren geringfügig. Beim Poppen fallen sehr hohe Thiaminverluste bei Reis und Dinkel auf. Bei den Extrudaten sind Acrylamid- und Thiamin-Werte relativ günstig, aber in den ganzheitlichen Methoden werden die Extrudate ungünstiger als die Flakes bewertet. Das mit Abstand schonendste Verfahren ist die Herstellung von Flocken.

Der Vergleich der modernen Verfahren Poppen und Extrusion mit den traditionellen Verfahren Walzen von Flakes und Flockenherstellung fällt also eindeutig aus. Nicht übersehen werden soll dabei, dass auch Ansätze existieren, die Qualität von Frühstückscerealien noch weiter zu erhöhen, z.B. über das Ankeimen.

Dr. Uwe Geier, Tabea

Meischner, Roya Bornhütter

& Gesine Mandt

Projektlaufzeit: 6-2019 bis 6-2020

Erschienen in: Forschungsring,

Jahresbericht 2020

Fotos: Forschungsring