Waldbaden

Das Thema Waldbaden hat in den vergangenen Jahren im Zuge des ungebrochenen Achtsamkeitstrends international an Aufmerksamkeit gewonnen. Bei der Praktik geht es allerdings nicht – wie die Bezeichnung vermuten lassen könnte – um das Baden in einem Waldsee, sondern vielmehr um ein bewusstes „Eintauchen“ in die besondere Atmosphäre und Ruhe des Waldes. Von einem „normalen“ Waldspaziergang oder einer Wanderung unterscheidet sich Waldbaden insofern, dass es eben nicht um ein bestimmtes Ziel geht, das erreicht werden muss. Im Vordergrund stehen stattdessen Langsamkeit und die bewusste Wahrnehmung bzw. das Erleben des Ortes mit allen Sinnen ohne äußeren (Zeit-)Druck.

Geschichte

Seinen Ursprung soll das Waldbaden in Japan haben, wo der Begriff „Shirin-yoku“ (übersetzt etwa mit „Baden im Wald“) bereits in den 1980er-Jahren geprägt wurde. Japan weist damals wie heute einen vergleichsweise hohen Anteil an Menschen auf, die in Städten leben. Im Jahr 2021 waren das rund 92 Prozent der Gesamtbevölkerung, womit das Land laut Weltbank zuletzt den Urbanisierungs-Rang 25 von insgesamt 214 Ländern einnahm (zum Vergleich: Deutschland lag zeitgleich mit 77,5 Prozent auf Platz 67). Die Enge der Städte, Verkehrslärm und Luftverschmutzung infolge der ausgeprägten Urbanisierung wurden bereits in den 1980 Jahren mit Stresssymptomen und stressbedingten Erkrankungen in Verbindung gebracht. „Shirin-yoku“ war eine Antwort darauf, wurde die gesundheitsfördernde Wirkung von Naturnähe bereits damals erforscht.

Heute ist „Waldmedizin“ sogar Gegenstand von Forschung und Lehre an japanischen Universitäten. Waldbaden selbst ist im Land eine anerkannte Maßnahme der Gesundheitsvorsorge und wird sogar von einigen Krankenkassen bezahlt. Als präventive und therapeutische Gesundheitsmaßnahme wird es üblicherweise an zertifizierten Wald-Stützpunkten durchgeführt. Mehr als 60 solcher Standorte gibt es heute in Japan (Stand 2018). In Deutschland und anderen westlichen Ländern hingegen wird erst seit wenigen Jahren zu dem Thema geforscht. Doch auch wenn Waldbaden hierzulande allmählich bekannter wird, handelt es sich nach wie vor weder um einen geschützten Begriff, noch um eine Kassenleistung (bis auf wenige Ausnahmen).

Naturgesund

Dass regelmäßige Aufenthalte in der Natur eine stressreduzierende Wirkung auf Menschen haben, hat mittlerweile eine Vielzahl von Studien belegen können. Auch die heilsame Wirkung des Waldbadens wurde mehrfach bestätigt. Regelmäßig angewendet – eine 2019 von Wissenschaftlern der Britischen Universität Exeter veröffentlichte Studie (2019) z. B. empfiehlt 120 Minuten pro Woche –, soll dazu beitragen, Stresssymptome zu reduzieren und sich z. B. auch günstig bei Angststörungen und depressiven Verstimmungen auswirken. Sogar der Blutdruck soll durch Waldbaden messbar sinken. Generell wurde eine subjektive Verbesserung des Wohlbefindens sowie Stimmungsaufhellung durch Waldbaden gleich mehrfach belegt, weshalb es sich prinzipiell auch für jeden eignet. Schon Kinder können von regelmäßigem Waldbaden profitieren. Vielerorts in Deutschland werden mittlerweile auch Kurse und Workshops zum Thema angeboten.

Anleitung zum Waldbaden

Sie möchten Waldbaden einmal selbst ausprobieren, wissen aber nicht, wie? So könnten Sie z. B. vorgehen:

Vorbereitung

  • Wichtigste Voraussetzung ist natürlich der unkomplizierte Zugang zu einem geeigneten Naturort. Nehmen Sie sich daher zunächst etwas Zeit für die Recherche und suchen Sie ein geeignetes, ruhiges Waldgebiet in Ihrer Nähe aus. Gute Erreichbarkeit ist empfehlenswert, damit die Anfahrt nicht in Stress ausartet.
  • Planen Sie im nächsten Schritt einen „Termin“ ein, an dem Sie sich – ganz ohne Zeitdruck – etwa 1-2 Stunden Zeit vor Ort nehmen können. Für den Anfang ist das völlig ausreichend, mit etwas mehr Erfahrung können Sie Ihr Waldbad weiter ausdehnen.
  • Es kann losgehen: Packen Sie ausreichend Getränke und Verpflegung ein. Je nach Jahreszeit, sollten Sie zudem für Sonnen- und Insektenschutz (Achtung Zecken!) sorgen.
  • Kleiden Sie sich angemessen und entsprechend Jahreszeit und Wetterlage. Ziehen Sie bequeme Kleidung an, in der Sie sich frei bewegen können. Denken Sie auch an geeignetes Schuhwerk für unwegsameres Gelände. Im Sommer kann auch barfußgehen eine Option sein.

Vor Ort

  • Kommen Sie zunächst ganz in Ruhe im Wald an. Konzentrieren Sie sich dabei auf Ihre Sinne: Riechen Sie die frische Luft mit den typischen Waldaromen, spüren Sie den Boden unter Ihren Füßen, lauschen Sie den Geräuschen der Natur und betrachten Sie die Waldkulisse um sich herum aufmerksam. Lassen Sie die Eindrücke auf sich wirken. Dabei ist es Ihnen überlassen, ob Sie lieber in Bewegung bleiben oder an einer schönen Stelle Verweilen möchten. Ein konkretes Ziel gibt es nicht, lassen Sie sich einfach gemächlich treiben.
  • Atmen Sie mehrmals tief durch. In der Waldluft enthaltene, pflanzliche Botenstoffe – sogenannte Terpene – sorgen für den typischen „Waldduft“ und gelten ebenfalls als gesundheitsfördernd. Versuchen Sie dabei auch, evtl. belastende Gedanken loszulassen. Konzentrieren Sie sich ganz auf den Moment und die Umgebung. Nehmen Sie sich ein paar Augenblicke Zeit, um einfach still zu sein und zu beobachten, was um Sie herum passiert.
  • Wenn Sie möchten und dessen kundig sind, können Sie Ihr Waldbad auch mit anderen Entspannungsübungen und -Praktiken wie z. B. Meditation, Yoga oder Qi-Gong verbinden. Wichtig: Es soll dabei nicht um sportlichen Ehrgeiz gehen!

Werden Sie zum Schluss wieder etwas aktiver. Bereiten Sie sich mental auf das Ende Ihres Waldbades und die Rückkehr in Ihren Alltag vor. Denken Sie noch einmal an das Erlebte: Wie haben Sie sich vorher gefühlt, wie geht es Ihnen jetzt?

Nachspüren

  • Wieder zuhause reflektieren Sie noch einmal Ihr Waldbad. Wirkt es nach? Lief alles gut oder würden Sie beim nächsten Mal etwas anders machen?
  • Planen Sie, wenn Sie möchten, schon Ihr nächstes Waldbad – in der Regelmäßigkeit liegt der größte Effekt für Ihre Gesundheit. Passen Sie bei Bedarf Standort und Ausstattung an.
  • Möglicherweise möchten Sie auch einmal gemeinsam mit anderen Waldbaden? Dem steht nichts im Wege. Allerdings sollten Sie im Vorfeld über unterschiedliche Vorstellungen sprechen (z. B. ob geredet werden darf oder nicht).

Schon gewusst?

Mecklenburg-Vorpommern hat 2018 einen Wald nahe dem Ostseebad Heringsdorf auf Usedom als ersten „Heilwald“ Europas zertifizieren lassen. Mittlerweile sind neun weitere „Kur- und Heilwälder“ im Land hinzugekommen. Mehr unter www.kur-und-heilwaelder.de/.

Zahlreiche Anbieter in Deutschland bieten z. T. IHK-zertifizierte Aus- und Fortbildungslehrgänge zum Thema Waldbaden an. So kann man sich z. B. auch selbst als Kursleitung für Waldbaden für bestimmte Zielgruppen (u. a. Senior/innen, Schul- und Kita-Kinder) ausbilden lassen.

Miriam Bätzing

Erschienen in: Verbraucher konkret 3/2023

Weitere Auskunft bieten u.a.:

  • Die Deutsche Akademie für Waldbaden und Gesundheit (DAWG): https://www.netzwerk-waldbaden.com/ und https://waldbaden-akademie.com/fortbildungen/
  • Bundesverband Waldbaden e.V.: https://www.bundesverband-waldbaden.de/ausbildungen/
  • WaldResort am Nationalpark Hainich & Europäische Kommunikationsakademie e.V. (EKA e.V.): https://www.waldresort-hainich.de/waldbaden/waldbaden-ausbildung
  • Kneippärztebund e.V.: https://www.kneippaerztebund.de/fort-und-weiterbildung/wald-gesundheitstrainer/
  • https://www.ausbildung-waldbaden.de/online-ausbildung/
  • https://deutschland-geht-waldbaden.de