Früher haben wir  das auch gemacht

Tichaenzana Koke und Trymore Munyori arbeiten in Kufunda in Simbabwe in der Initiative für biodynamische Landwirtschaft. Das Dorf und umliegende Land sollen in einen biodynamischen Betrieb umgewandelt werden. Aber auch die Verbreitung der Biodynamik wird unterstützt. Maaianne Knuth, halb Dänin und halb Simbabwerin, gründete das Lerndorf Kufunda. Die Fragen stellte Gilda Bartel.

Wie ist euer Zugang zur Landwirtschaft?

Trymore Munyori:  Ich bin in Simbabwe aufgewachsen. Mein Vater war einfacher Bauer. Wir waren immer bei ihm auf den Feldern und im Garten. Er hat Permakultur praktiziert. Ich war und bin sehr an der Landwirtschaft interessiert, weil wir davon leben; alles kommt von ihr.

Tichaenzana Koke:  Ich habe schon in der Schule angefangen, mich für die Landwirtschaft zu interessieren. Danach bin ich in die Stadt gegangen, um etwas zu finden, was mir ein Einkommen bringt. Das habe ich bei den Pferden gefunden und zwölf Jahre lang mit ihnen gearbeitet. Ich kam mit den Pferden nach Kufunda. Da kam mir die Frage: Wie verwende ich den Mist, der übrig ist? Ich fand einen kleinen Garten, in dem ich den Pferdemist verwenden konnte. Das war der Moment, in dem ich meine Leidenschaft für die Landwirtschaft entdeckte.

Maaianne Knuth:  Wir hatten zwei biodynamische Lehrer, die uns zweimal im Jahr besuchten, Anna und Rolf. Sie sahen Tichas Garten und sagten hinterher zu mir, dass er wirklich eine Verbindung zu den Pflanzen hat. Das war der Zeitpunkt, an dem er sich intensiver mit unserer Arbeit in Kufunda verbunden hat. Trymore hatte mit uns den Wechsel von der Permakultur zur biodynamischen Landwirtschaft vollzogen. Diese Arbeit kommt durch die Waldorfpädagogik. Durch unsere Vertiefung in die Waldorfpädagogik haben wir auch begonnen, uns mit anderen Gedanken zu beschäftigen, die Steiner gebracht hat. Seit drei Jahren sind wir auf unserer biodynamischen Reise.

Was bedeutet euch die biodynamische Landwirtschaft?

Trymore:  Es ist die nachhaltigste Art der Landwirtschaft, weil sie endlos ist. Der Hof kann sich selbst helfen und erhalten. Man kann den Mist und die Erntereste des Hofes verwenden. Wir legen unsere eigenen Kompostpräparate an, die zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit beitragen. Unsere Lebensmittelprodukte sind gesund und ausgewogen. Sie helfen, einen lebendigen Boden zu schaffen. Diese Art der Landwirtschaft trägt dazu bei, eine Beziehung zwischen der Erde und den kosmischen Energien herzustellen. Die biodynamische Landwirtschaft hilft auch dabei, ein kosmisches Bild der Umwelt zu schaffen. Die Präparate helfen, den Boden zu verbessern, aber auch Luftverschmutzung wird verhindert, unser Wasser bleibt sauber, weil wir keine Düngemittel verwenden. Es ist eine sehr gesunde Sache für mich.

Ticha:  Die Biodynamik ist ein Konzept von Landwirtschaft, das mit dem ganzen Universum arbeitet, dem Himmel, dem Mond, den Sternen, der Erde. Sie tragen zur Unterstützung der Pflanzen bei. Es geht darum, alles einzubeziehen, um die Pflanzen zu beeinflussen. Sie versucht, mit den heutigen Klimabedingungen zu arbeiten. Sie arbeitet auch mit der Natur und mit dem, was auf dem Hof vorhanden ist. Man muss nicht nach draußen gehen, sondern bekommt alles vom eigenen Hof. Wir testen einige der Pflanzen, seit wir sie anbauen. Sie verändern die Struktur und den Geschmack, seit wir mit Biodynamik arbeiten.

Maaianne:  Wir arbeiten schon seit 20 Jahren mit Pflanzen, aber wir waren alle wirklich beeindruckt von der Verbesserung des Geschmacks: die Süße der Karotten, der Spinat so zart, mehr noch als in der Arbeit mit biologischer Landwirtschaft, die unser Ausgangspunkt war. Der Geschmack hat die Leute am meisten überzeugt.

Wie reagieren Menschen in Simbabwe, wenn sie mit der Biodynamik in Berührung kommen?

Ticha:  Die Leute haben positiv reagiert, als sie die Produkte gekostet haben, auch wenn sie zuerst dachten, das ist kein guter Weg. Auch die Qualität der Produkte war besser. Sie begannen also, die Biodynamik zu schätzen. Sie wollten mitmachen, als wir anfingen, miteinander darüber zu reden. Und wir bauten einige Dinge gemeinsam an. Sie empfanden es auch als eine traditionellere Art der Landwirtschaft, die sie von ihren Vorvätern kannten.

Trymore:  Sie waren begeistert, aber sie brauchen wirklich Informationen. Die biodynamische Landwirtschaft hat einen langen Wissensweg, den man erst einmal verstehen muss. Sie wurde mehr oder weniger von unseren Vorvätern in Simbabwe praktiziert, aber jetzt kommt sie aus Europa. Die Leute sind erstaunt: «Wow, so war das früher bei unseren Vorvätern. Wir haben unser eigenes Saatgut aufbewahrt, anstatt es im Laden zu kaufen. Und jetzt sagt uns diese Art der Landwirtschaft, dass wir unser Saatgut aufbewahren sollen. Wir geben kein Geld mehr aus, um Saatgut zu kaufen.» Sie sind sehr daran interessiert, mit uns zusammenzuarbeiten.

Maaianne:  Wir haben gerade ein Pilotprojekt mit Gemüsekisten gestartet. Wir bieten Familien in der Stadt wöchentlich Gemüsekisten an. Da unser Garten recht klein ist, arbeiten wir mit den örtlichen Landwirten zusammen, unterstützen sie, bringen die Pflanzenreste auf den Kompost und helfen ihnen, den Boden und die Pflanzen zum richtigen Zeitpunkt mit den Präparaten zu behandeln. Es braucht Zeit, um zu lernen, wie man damit arbeitet. Es geht nicht nur um eine Technik, sondern auch um eine Veränderung der Beziehung zwischen Pflanzen und Boden. Es ist eine Einladung zu einer tieferen Präsenz gegenüber dem, was uns als Landwirte tagtäglich umgibt. Es ist eine aufregende Reise. Die Herstellung der Präparate ist eine sehr detaillierte Arbeit. Wir machen sie als Gemeinschaft.

Trymore:  Als wir das Gemüsekisten-Projekt mit der Gemeinde begannen, waren sie wirklich froh, mit uns zusammenzuarbeiten. Sie profitieren davon. Die Kunden, die wir haben, zahlen gutes Geld. Mir gefällt auch, dass die biodynamisch angebauten Lebensmittel länger in den Regalen frisch bleiben als konventionell angebaute Pflanzen.

Wie verträgt sich die Biodynamik mit der traditionellen Landwirtschaft?

Trymore: Früher haben wir das auch gemacht. Aber als Düngemittel und Chemikalien aufkamen, haben wir es vergessen. In alten Zeiten ernährten sich die Menschen von den Pflanzen und Früchten des Waldes. Das ist nichts Neues für uns. Der neue Name ‹biodynamisch› hat uns anfangs verwirrt.

Ticha:  Diese Art der Landwirtschaft ist der alten Art sehr ähnlich. Die Vorväter nutzten den Mond, um den richtigen Zeitpunkt zum Pflanzen zu finden, nutzten natürliche Düngemittel wie Blätter aus dem Wald.

Maaianne:  Es gab eine Art der Landwirtschaft, die mehr mit der Natur verbunden und organisch war. Alle Methoden, die natürlicher sind, kommen der Art und Weise, wie unsere Vorfahren gearbeitet haben, sehr nahe.

Trymore:  Die Technologien verursachen Probleme in unserer Landwirtschaft. Die Unternehmen konkurrieren miteinander, sie geben die Chemikalien umsonst ab, was die Umwelt verschmutzt. Die Leute wollen Cash Crops anbauen, um schnelles Geld zu machen. Man braucht Dünger, um mehr und mehr anzubauen. Die Menschen essen Gift, wenn sie Chemikalien versprühen, aber sie sind sich darüber nicht im Klaren und vielleicht ist es ihnen egal, weil sie nur auf das Geld achten.

Maaianne:  Das liegt zum Teil daran, dass das Leben im Moment wirklich hart ist. Das Land wird mehr und mehr ausgebeutet. Menschen ernähren sich immer ungesünder. Das ist ein Teufelskreis. Die Regierung fördert das. Sie ist sehr weit entfernt von der organischen, natürlichen, mit dem Land verbundenen Landwirtschaft unserer Vorfahren. Viele Kleinbauern fangen damit zwar an, aber es sind noch zu wenige.

Was haltet ihr von Massentierhaltung?

Ticha:  Sie haben diese Art der Hühnerhaltung auch in Simbabwe eingeführt. Aber wir haben hier unsere eigenen ‹Road running chicken›, die viel besser schmecken. Ich weiß nicht, warum wir die guten Dinge, die wir früher gemacht haben, aufgeben müssen. Wenn unsere Anführer oder die Regierung Maßnahmen ergreifen, um die guten Dinge einzuführen, würde das unser Leben wirklich verändern. Aber der Einfluss dieser schlechten Dinge ist groß.

Trymore:  Diese Massentierhaltung ist nicht gut. Wer das tut, fördert nur den Markt, aber schaut nicht nach innen. Ökologische Landwirtschaft könnte ein Schulfach sein. So könnten die Menschen vielleicht in Bezug auf die Ernährung aufgeklärt werden. Gutes Essen ist wichtiger für unser Leben als alles andere. Schlechtes Essen wird uns krank machen.

Maaianne:  Damit schließt sich der Kreis. Unsere Waldorf inspirierte Schule brachte uns zur biodynamischen Landwirtschaft. Jetzt unterrichten Ticha und Trymore die Kinder in der Schule in Biodynamik. Ab Klasse 3 hat jede Klasse ihren eigenen Platz im Garten. Die älteren Kinder beginnen, ihre angebauten Pflanzen zu verkaufen.

Ticha:  Ich finde es wirklich spannend und mag es, die Landwirtschaft zu fördern, die zu Mutter Erde passt. Wir müssen sie bestmöglich behandeln. Und ich lerne dabei etwas von den Kindern, auch wenn ich sie unterrichte.

Ich wünsche mir, dass mehr und mehr simbabwische Landwirte die biodynamische Landwirtschaft anwenden.

Tichaenzana Koke / Trymore Munyori / Maaianne Knuth / Gilda Bartel

Erschienen in: Das Goetheanum – Wochenschrift für Anthroposophie Nr. 12, 25. März 2022