Fortbildung Waldorfpädagogik in Niederursel – ein Rückblick

Wer gerne ausgetretene Pfade verlässt und keine Furcht hat, sich selbst zu begegnen, der trifft hier eine Gruppe Gleichentschlossener, die in den nächsten drei Jahren seinem oder ihrem Leben eine neue Prägung geben können. Was es ist?

Der Ort: Niederursel ist ein noch ländlich geprägter Stadtteil von Frankfurt und praktisch-anthroposophisches Epizentrum der Stadt. Dort fanden in den vergangenen 3 Jahren unsere Unterrichte statt. Dienstag, im Zeichen des Mars stehend, der aufwühlt, ist dafür ein guter Tag und sicher mit Bedacht so gewählt.

Die Arbeitsweise: Die Art des Unterrichtens ist ein konsequentes „finde es in Dir selbst!“ – wertschätzend, phantasievoll, von Vertrauen in unsere Fähigkeiten getragen. Der Austausch in der Lerngemeinschaft, dem genügend Raum gelassen wird, sehr offen und inspirierend.

Der Plan: 3-gliedrig: Der erste Teil des Unterrichts ist philosophischer Art: Was ist Anthroposophie? Was ist der Mensch? Woher kommt er, wohin geht er, was will er auf der Welt? Was geschieht im Schlaf? Was im Tod? Woher kommt das Böse? Auch und Ach: Textarbeit! Wesensgliederkunde! Manchmal fühlt man sich dabei wie in Hogwarts.

Der zweite Teil des Unterrichts ist künstlerischer Natur: Zeichnen: Welche Empfindungen rufen die Farben in uns wach? Wie nähert man sich der Form von außen? Wie legt man seine Seele in die Hand? Formen mit Ton: Platonische Körper, ein Begreifen der Schönheit höherer Mathematik, Klarheit, die daraus im Geist entsteht. Bildhauen: den Stein singen hören, Transformation einer Materie, die unseren ganzen körperlichen Einsatz verlangt. Singen: schön hoch und im Kanon. Und die allseits geliebte Eurythmie: die Anderen spüren, ohne sie zu sehen und mit ihnen ein schönes harmonisches Ganzes zu bilden.

Der dritte Teil jedes Seminartages ist praktisch-angewandter Natur: Wie gestalten wir Feste und Rituale? Wie macht man einen Reigen? Wie einen Elternabend, wie ein Elterngespräch? Was ist wichtig für den Jahreszeitentisch? Wie können wir das Spiel anregen? Danke für die Ideen und Anregungen, bei gleichzeitiger Freiheit, es auch anders machen zu können. Als wichtigstes Kriterium immer: Was klingt in mir, was will ich?

Wir Seminarist:innen haben uns verändert, manch einer, manch eine hat die Impulse aufgenommen, und ihrem/seinem Leben eine neue Richtung gegeben. Besonders deutlich wird das in den Seminararbeiten: hier zeigen sich Lebensthemen, Herzensangelegenheiten, wir ringen tatsächlich um Erkenntnis. Es braucht also Wagemut und eine gewisse Furchtlosigkeit, sich in diese Ausbildung hineinzubegeben. Und wenn man es tut, gewinnt man – tatsächlich – Freiheit.

Ursula Rothe