Jens Gröger ist Senior Researcher beim Öko-Institut e. V. in Berlin im Bereich Produkte und Stoffströme. Sein Forschungsschwerpunkt ist die nachhaltige Informations- und Kommunikationstechnik. Er entwickelt Methoden zur Bewertung der Energieeffizienz von Computern, Software, Telekommunikationsnetzen und Rechenzentren.
Die Fragen stellte Miriam Bätzing von Verbraucher konkret.
Herr Gröger, in fast keinem Konsumbereich kommt man heute an Nachhaltigkeit vorbei. Wie steht es um unseren digitalen Konsum?
Nach meiner Beobachtung gibt es beim Thema Digitalisierung kaum eine Diskussion darüber, dass diese auch negative Umweltwirkungen hat. Die Nutzung von digitalen Diensten ist scheinbar kostenlos, der Energieverbrauch vernachlässigbar und die Versprechungen, dass die Technik dabei hilft, Umweltprobleme zu lösen, sind verlockend.
Was müsste sich an unserem Digitalkonsum ändern?
Wir müssen uns bewusst machen, dass digitale Geräte wertvolle Ressourcen aus aller Welt benötigen und dass der Herstellungsaufwand viel größer ist, als der Preis vermuten lässt. Der Betrieb von Endgeräten, Datennetzen und Rechenzentren ist sehr energieintensiv. Bereits jetzt verbraucht Digitaltechnik in Deutschland rund 7 Prozent des Stroms und durch künstliche Intelligenz und weitere Digitalisierung wird der Strombedarf in den nächsten Jahren rasant ansteigen. Um den Digitalkonsum nachhaltig zu gestalten, brauchen wir deshalb langlebige Geräte, sparsame Anwendungen und die Abkehr vom ‚immer mehr‘.
Sie haben einen digitalen CO2-Rechner entwickelt. Wie kam es dazu?
Wir haben am Öko-Institut ein Projekt für den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) durchgeführt, bei dem wir Ökobilanzen von digitalen Geräten und Dienstleistungen systematisch zusammengetragen haben. Der BUND hat die Daten für eine Kampagne zur digitalen Suffizienz genutzt. Die Studienergebnisse waren für mich selbst so überraschend, dass ich diese der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen wollte. Der Rechner zum digitalen CO2-Fußabdruck soll einen spielerischen Zugang dazu bieten, die eigenen Treibhausgasemissionen zu berechnen und daraus Erkenntnisse für das eigene Konsumverhalten abzuleiten.
Stichwort Nachhaltige Digitalisierung: Welche Weichen muss der Gesetzgeber stellen?
Bislang erfolgt Digitalisierung im Blindflug. Was der Gesetzgeber fordern muss, ist mehr Transparenz. Genauso wie es jetzt selbstverständlich ist, dass ein Kühlschrank seinen Stromverbrauch neben dem Preisschild sichtbar macht, so sollten auch digitale Geräte und Cloud-Services selbstverständlich Auskunft über ihre Umweltwirkungen geben. Der Gesetzgeber könnte eine Energieeffizienzkennzeichnung für Rechenzentren und Online-Dienste einführen. In der Rechnung eines Internet-Providers könnte Auskunft darüber gegeben werden, wie hoch die CO2-Emissionen im Übertragungsnetz sind. Aber auch Hersteller von Hardware sind in der Pflicht. Ich erwarte eine erweiterte Herstellerverantwortung, die über den gesetzlichen Gewährleistungszeitraum von 24 Monaten hinaus geht. Digitale Geräte müssen möglichst lange nutzbar sein, damit der hohe Herstellungsaufwand gerechtfertigt wird. Hersteller müssen ihre Geräte reparierfähig designen und sollten verpflichtet werden, Ersatzteile und Updates zu liefern.
Ihr wichtigster Tipp an die Verbraucher?
Das ist schnell gesagt: Weniger ist mehr.
Erschienen in: Verbraucher konkret Nr. 4/2023