Zu zweit dem Himmel näher

Es war Anfang der 70er-Jahre eine erfolgreiche Krimiserie. Zwei Detektive, wie sie verschiedener nicht sein könnten, lösten ungeklärte Fälle. Der eine ein etwas steifer schottischer Lord, der andere ein amerikanischer Geschäftsmann, spannten zusammen. Nicht der Spürsinn des einen löste dabei den Fall, sondern die Inspiration, die im Gespräch zündete.

Neben der vielzitierten dialogischen Führung folgt dies dem Prinzip des führenden Dialogs: Aus dem Gespräch ergeben sich die Perspektiven. Das mythische Vorbild: Polydeukes (Pollux) ist unsterblich und Kastor ist sterblich und doch sind sie beide Söhne des Zeus, die immer zusammen sein wollen. Das in unseren Jahrhunderten höchststehende Sternbild, die Zwillinge mit seinen Hauptsternen Kastor und Pollux, erinnert an klaren Nächten an die Gemeinschaftskraft der Gegensätze. Dieses Tierkreisbild, dieses kosmische Sinnbild des Dialogs hilft, so erzählt die Antike, den in Not geratenen Menschen auf See wieder den Kur zu finden. Interessant: Orientierung aus dem Gespräch!

Der Blick zur Erde zeigt das Gleiche: Wie viele Initiativen, wie viele Institutionen haben sich aus einem Paar wie Kastor und Pollux, haben sich aus einer Doppelspitze entwickelt. Nicht nur die Familie gründen zwei. Ohne die Gemeinschaft von Jost Schieren und Marcelo da Veiga wäre die Alanus-Hochschule nicht geworden, ohne die Freundschaft von Eginhard Fuchs und Johannes Kiersch nicht die Waldorfausbildung in Witten-Annen, ohne den Lichtbogen zwischen Esther Hirschi und Christa Seiler nicht das Pilotprojekt am Altenberg, eine anthroposophische Bildungstätte in Bern. Wie jedes Gespräch ist Führung von Zweien fragil, kann an und in der Verschiedenheit der beiden scheitern. Wie jedes Gespräch ist es voller Zauber, dem Himmel näher.

Wolfgang Held

Erschienen in: Das Goetheanum –

Wochenschrift für Anthroposophie

Nr. 13, 1. April 2022