Vorschularbeit im Waldorfkinderhaus-Herne e.V.

Auswirkungen auf die Schulfähigkeitsentwicklung für die 1. Klasse in einer Waldorfschule

In der heutigen Bildungsdebatte ist der Übergang vom Kindergarten in die Schule und die Kooperation der jeweiligen Institutionen ein großes Thema geworden. Eine bedeutsame Aufgabe der Kooperation liegt daher besonders bei getrennt arbeitenden Einrichtungen auf der Ebene der frühpädagogischen Gestaltung des Übergangs vom Kindergarten in die Schule. Die Waldorfpädagogik folgt dabei dem Grundsatz, dass die kognitiven und intellektuellen Fähigkeiten des Schulkindes über konkrete Tätigkeiten des Kindes im Kindergarten veranlagt werden, über das Erwerben körperlich-motorischer Geschicklichkeit und das aktive Miterleben sinnvoller Arbeits- und Lebensprozesse. Anders gesagt: Für die Bildungsprozesse, die in der Waldorfschule an das Kind herangetragen werden, wird im Waldorfkindergarten eine frühpädagogische Grundlage gelegt. Vor diesem Hintergrund stellt die Vorschularbeit im Waldorfkinderhaus-Herne e.V. für die Schulfähigkeitsentwicklung der Vorschulkinder im Hinblick auf die 1. Klasse in einer Waldorfschule eine der zentralen pädagogischen Schwerpunkte dar.

Einige der Vorschularbeiten (Kissen, Vorschulmappe etc.) aus dem aktuellen Kindergartenjahr. (Foto Laura Colletti (Waldorferzieherin)

Nils Johannes Kubiak ist im Waldorfkinderhaus-Herne e.V. als Kindheitspädagoge und Bereich Leitung und Management tätig und hat die von seiner Mutter (Martina Tyzak-Kubiak) im Jahre 1994 gegründete Einrichtung als Kind selbst besucht. Mittels der von ihm im Rahmen einer Einzelfallstudie erhobenen Befunde konnte er zeigen, dass sich die Vorschularbeit positiv auf die vorschulische Kindesentwicklung der Vorschulkinder auswirkt. Die Qualität der Vorschularbeit zeige sich im Besonderen daran, dass die Schulfähigkeitsentwicklung der Vorschulkinder dahingehend unterstützt wird, dass einerseits ihre vorschulischen Interessen, Kompetenzen und ihre Lernfreude angeregt und gefördert wird und anderseits eine Grundlage für jene Bildungsprozesse geschaffen wird, welche in der 1. Klasse in einer Waldorfschule an die Kinder herangetragen werden. Insbesondere dadurch, dass die Vorschulkinder durch Vertrautheit und Wiederkehr von Erlebtem in der lernmethodischen Findungsphase für sich eine Sicherheit erfahren, kann von einer ganzheitlichen Vorbereitung und Ausbildung auch in Bezug auf die Persönlichkeitsentwicklung der Vorschulkinder und im Hinblick auf die Schulfächer und den Schulunterricht im 1. Schuljahr einer Waldorfschule ausgegangen werden.

Ferner konnte die Einzelfallstudie zeigen, dass sich die Vorschularbeit qualitativ auf die Vorschulkinder auswirkt, indem die Kinder frühkindliche Bildungsprozesse selbst gestalten, statt „beschult“ oder gar dazu angehalten werden, künstlerisch-gestalterische Tätigkeiten vom Blickpunkt der „Produktivität“ herzustellen zu müssen. Die „handwerklichen Tätigkeiten“, die „Vorschulmappe“ und die „Vorschuleurythmie“, welche die Vorschularbeiten im Waldorfkinderhaus-Herne e.V. darstellen, verstehen sich als Medium, welches dazu dient, die Vorschulkinder durch Freude am Lernen und inmitten einer sozialen Gruppendynamik in ihrer „Schulfähigkeitsentwicklung“ zu bestärken.

Nils Johannes Kubiak

Die Einzelfallstudie wird auf Anfrage unter nilsjohanneskubiak@t-online.de vom Studienautor zur Verfügung gestellt.

Quellen:

Kardel, T., McKeen, C. & Patzlaff, R. et al. (2015). Waldorfpedagogik für die Kindheit von 3 bis 9 Jahren. Bildungsziele Bildungsbereiche Bildungsbedingungen (3., durchgesehene Auflage). Stuttgart: Pädagogische Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen e.V..

Krohmer, B. (2011). Kooperation zwischen Waldorfschulen und Waldorfkindergärten. Medizinisch-Pädagogische Konferenz. Rundbrief für in der Waldorfpädagogik tätige Ärzte, Erzieher, Lehrer, Eltern und Therapeuten, 59(11), S. 74-78.