Notfallpädagogischer Akuteinsatz im Hochwassergebiet

„Zerstörte Häuser, Spülbecken, die in Baumwipfeln hängen, unzählige Autowracks und eingestürzte Brücken. Es ist ein Bild großer Zerstörung, das sich einem bietet“. So schildert Bernd Ruf, Gründer der Notfallpädagogik seine Eindrücke aus dem Hochwassergebiet im Norden von Rheinland-Pfalz. Seit 16 Jahren ist er weltweit in Kriegs- und Katastrophengebieten im Einsatz und hat etwa 120 notfallpädagogische Interventionen geleitet. Dieser Akuteinsatz in der Nähe von Ahrweiler ist jedoch auch für ihn außergewöhnlich.

„Solche Bilder habe ich aus Deutschland in meinem ganzen Leben nicht gesehen, dieses Ausmaß der Katastrophe geht einem sehr nahe“. Gemeinsam mit seinem Team versucht der erfahrene Notfallpädagoge die Familien vor Ort bei der Verarbeitung der traumatischen Erlebnisse zu unterstützen. Dass sich die Menschen noch in einer Phase der Schockstarre befinden, zeigt sich an Symptomen wie etwa Schlaflosigkeit, Ängsten und Konzentrationsproblemen.

Team der Notfallpädagogik

Aufräumarbeiten und aktives Handeln tragen momentan immerhin dazu bei, dass sie sich nicht hilflos oder ohnmächtig fühlen. Es herrscht zudem eine große Solidarität unter den Menschen. Dass auch die Kinder unter der Situation und den Ereignissen leiden und dringend Hilfe bei der Bewältigung des Erlebten brauchen, zeigt sich an Regressionssymptomen wie Bettnässen oder anderen Beschwerden. „Die äußere Zerstörung ist immer auch ein Bild für die inneren Schäden, die bei Kindern und Erwachsenen angerichtet werden.

Daher ist es besonders wichtig, ihnen jetzt einen geschützten Ort, einen so genannten „Child friendly Space“ zu bieten“, erklärt Bernd Ruf. Ein Waldorfkindergarten dient den Notfallpädagoginnen daher in den nächsten Wochen als Basis für ihre Arbeit. Seit ein paar Tagen können hier wieder einige Jungen und Mädchen im Außenbereich betreut werden, die aus den umliegenden verwüsteten Ortschaften kommen. Von einer Halbtageseinrichtung wird der Kindergarten nun unter traumapädagogischen Gesichtspunkten in eine Ganztagesstruktur umgewandelt, um den Kindern bestmöglich die Belastung nehmen zu können und den Eltern dabei gleichzeitig Entlastung zu bieten. „Es gehört zum Konzept, dass die Eltern mit uns Gespräche führen können. Wir geben ihnen wesentliche Ratschläge und Methoden zur inneren Stabilisierung an die Hand, die sie für sich selbst und für ihre Kinder anwenden können“, so Bernd Ruf. Wir werden noch viele Wochen hier bleiben und den Eltern, Kindern, Jugendlichen und Erzieherinnen mit unserer notfall- und traumapädagogischen Arbeit dabei helfen, mögliche Traumafolgestörungen zu verhindern.“

Für die Betroffenen und Hinterbliebenen in den vom Hochwasser betroffenen Regionen wird es sicher noch ein langer Weg sein, die furchtbaren Geschehnisse zu verarbeiten.

Bonnie Berendes

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Stichwort „Notfallpädagogik“

Fotos: Freunde der Erziehungskunst