Auf wissenschaftlichem Denken basierende Praxis und Ethik:

Der Beitrag des Goetheanum zur Erweiterung der Wissenschaft

Basierend auf Erkenntnissen der akademischen Wissenschaften, bezieht Anthroposophie weiterführende Aspekte ein. Dabei sind ihr eine erkenntnistheoretische Fundierung, künstlerische Verfahrensweisen, Praxis und Ethik ein Anliegen. Das zeigen Mitglieder der Goetheanum-Leitung in einer Videoreihe auf.

Matthias Girke, Leiter der Medizinischen Sektion am Goetheanum
(Foto: Ariane Totzke/Goetheanum)

Wissenschaft ist so vielfältig wie ihre Fachgebiete und unterliegt einer Entwicklung. So gibt es wissenschaftliche Ansichten, die von anderen, die zunächst als unwissenschaftlich galten, abgelöst werden – von Thomas Kuhn als ‹Paradigmenwechsel› beschrieben. In diesem Sinne versteht sich Anthroposophie als einen von mehreren wissenschaftlichen Zugängen zur Welt. Sie arbeitet mit phänomenologischer Schulung aus dem Goetheanismus, wählt eine das Geistige einbeziehende Perspektive und pflegt künstlerische Verfahrensweisen.

Die biodynamische Landwirtschaft war von Anfang an sowohl Praxis als auch Gegenstand von Versuchsreihen im Labor; heute ist sie Thema akademischer Forschung. Beispielsweise zeigen Studien, dass biodynamische Landwirtschaft messbar zu einer Qualitätssteigerung führt, etwa im Lebensmittel und im Boden durch eine höhere Biodiversität. Anthroposophische Ärztinnen und Ärzte haben ein abgeschlossenes Medizinstudium und ergänzen die dort erworbenen Fähigkeiten durch aus der Anthroposophie angeregte Gesichtspunkte; Forschungsergebnisse werden auf der Plattform Anthromedics dokumentiert. Wenn der Mensch über seine Körperlichkeit hinaus mit belebtem, durchseeltem und durchgeistigtem Leib mit je eigenen Entwicklungen und Eigenschaften gesehen wird, braucht es Erkenntnisformen aus künstlerischer Wahrnehmung und geistiger Beobachtung. Vor diesem Hintergrund ergeben sich neue Möglichkeiten für den Bildungsprozess. So wird in der Pädagogischen Konferenz einer Waldorfschule idealerweise wöchentlich die Erkenntnis des Menschen vertieft: durch Praxisforschung mit Blick auf aktuelle erziehungswissenschaftliche Theorien, das tatsächliche Verhalten der Kinder und die eigene Unterrichtspraxis.

Wird ein Kind nicht nur als Tabula rasa gesehen, sondern als ein Wesen mit je eigenem Potenzial, geht es über Bildungsinhalte hinaus auch um die Bedingungen, unter denen sich diese Fähigkeiten entwickeln und zur Geltung kommen können. Damit verbunden ist zudem ein ethischer Impuls, den Johannes Wirz von der Goetheanum-Leitung so formuliert: «Wenn wir tatsächlich Mensch geworden sind mit dem Gefühl von Freiheit und mit Empathie, setzen wir die natürliche Selektion außer Kraft, indem wir Kranke pflegen und Körperbehinderte umsorgen.»

Ansprechpartnerin

Christiane Haid

Die Beiträge sind zu finden unter:

goetheanum.tv